Brief an Volker Türk und Nada Al-Nashif

Sehr geehrte Frau stellvertretende Hochkommissarin Al-Nashif,

sehr geehrter Herr Hochkommissar Türk,

Als österreichisch-iranische Organisationen, die sich für die Menschenrechte im Iran einsetzen, sind wir besorgt darüber, dass der Besuch von Frau Vize-Hochkommissarin Nada Al-Sharif im Iran vom iranischen Regime für propagandistische Zwecke missbraucht wird.

Zahlreiche Menschenrechtsgruppen weltweit haben bereits an das OHCHR appelliert, den Besuch zu verschieben, bis der Bericht des Untersuchungsausschusses des UN-Menschenrechtsrats über die Menschenrechtslage im Iran (Fact Finding Mission Iran) im März 2024 abgeschlossen sein wird.

Wenn jedoch die Visite Anfang Februar wie geplant stattfindet, dann fordern wir das OHCHR auf, mit dem Besuch im Iran ein deutlich sichtbares Zeichen der Kritik an Hinrichtungen und die Unterdrückung der Frauen durch die islamische Republik zu setzen.

Die tägliche Hinrichtung von Gefangenen durch das Regime – allein im Jahr 2023 wurden mehr als 800 Hinrichtungen gemeldet und in den letzten Tagen fanden erneut politisch motivierte Exekutionen statt – unterstreicht die dringende Notwendigkeit einer Rechenschaftspflicht der islamischen Republik.

Seit der Einrichtung der Erkundungsmission zum Iran im Jahr 2022 nutzte das Regime körperliche und psychische Folter von politischen Gefangenen, um Geständnisse zu erzwingen und diese dann in unfairen Verfahren unter Verletzung rechtsstaatlicher Standards zum Tode oder zu ungerechtfertigt langen Haftstrafen zu verurteilen.

Wir ersuchen Sie, durch Ihren Besuch im Iran ein sichtbares Zeichen der Kritik zu setzen.

  1. Verlangen Sie von der islamischen Republik mit Nachdruck:
  • Die Ermöglichung von unabhängigen Besuchen in Gefängnissen ohne die Anwesenheit von Vertretern des Regimes oder von Gefängniswärtern, um den Zugang zu politischen Gefangenen sicherzustellen.
    • Die Ermöglichung von unabhängigen Besuchen bei zum Tode verurteilten politischen Gefangenen
    • Die Ermöglichung von unabhängigen Besuchen bei den Familien der zur Hinrichtung Verurteilten
    • Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung aller Gefangenen
  • Geben Sie öffentlich bekannt, dass Frau Al-Nashif während ihres Besuchs kein Kopftuch tragen wird, um Solidarität mit iranischen Frauen zu zeigen, die unter Geschlechterapartheid, Verfolgung und Unterdrückung leiden.
  • Außerdem soll Frau Al-Nashif den Besuch dazu nutzen, um persönlich Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi und die Trägerin des Sacharow-Preises des Europäischen Parlaments Nasrin Sotudeh im Gefängnis persönlich zu sprechen.

Dieser Besuch soll für über 83 Millionen Iranerinnen und Iraner ein sichtbares Zeichen der Vereinten Nationen sein, mit dem die Weltgemeinschaft ihre uneingeschränkte Unterstützung für die iranischen Bürger für die Gewährleistung der Menschenrechte demonstriert und die Todesstrafe, die Unterdrückung von Frauen und Minderheiten sowie Folter und Misshandlung von Gefangenen und Demonstrierenden ächtet.

Wir hoffen, dass das OHCHR über diesen Besuch einen detaillierten und öffentlich zugänglichen Bericht verfasst, dass die islamische Republik den Forderungen nachkommt und dass sich die Menschenrechtslage nachhaltig verbessert.

Vienna,02.02.2024

Prof. Dr. Siroos Mirzaei
Medical Professionals for Human Rights  in Iran – Austria

Dr. Behrouz Bayat
 Komitee zur Verteidigung der Menschenrechte im Iran, Österreich

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